aus dem Bündner Tagblatt vom 09. Juni 2017

Jeder zehnte Berufstätige im Kanton Graubünden arbeitet im Gesundheitswesen, viele davon in der Peripherie. Forderungen des Bundes und des Kantons Zürich nach mehr Zentralisierung bedrohen diese Arbeitsplätze.

Regierungsrat Christian Rathgebs Worte an der gestrigen Medienorientierung zum Gesundheitsbericht 2017 kommen einer Kampfansage gleich: «Wir widersetzen uns mit allen Mitteln der Festsetzung von Mindestfallzahlen, solange deren Beitrag zu gesteigerter Qualität im Gesundheitswesen nicht eindeutig nachgewiesen wird.» Gemeint is das vom Bund und vom Kanton Zürich proklamierte Spitalsystem mit Mindestfällen. Damit könnten Spitäler stationäre Behandlungen nur noch dann über die Krankenkassen abrechnen, wenn sie pro Jahr eine festgelegte Mindestanzahl entsprechender Fälle erreichen.

Diese Variante der Abrechnung mit den Krankenkassen ist laut Rathgeb für den Kanton Graubünden keine valable Option. In den peripheren Regionen sei es schlicht unmöglich, solche Mindestfallzahlen zu erreichen, sagte der Vorsteher des Departements für Justiz, Sicherheit und Gesundheit. Einerseits verfügen Kliniken in Randregionen gemäss Rathgeb nicht über die Kapazität, diese Mindestleistungen zu erfüllen. Andererseits fehlt gleichermassen das Patientenvolumen. Somit würden diese Regionalspitäler hilflos von der finanziellen Nabelschnur der Krankenkassengelder abgeschnitten.

«Werden Mindestfallzahlen eingeführt, bedeutet dies für viele kleinere Spitäler das Aus», so Rathgeb. Die Folge davon wären mehr und immer grössere Zentrumsspitäler, die alle Leistungen erbringen müssten. Gleichzeitig würden sich auch die so in den Regionen verloren gegangenen Arbeitsplätze in die Zentren verlagern.

Ein weiteres Problem liegt laut Rathgeb darin, dass die Gesundheitsversorgung in den Randregionen mit diesem Modell nicht meh gewährleistet werden kann. «Es wäre für uns so schwieriger, Patienten in den Regionen die richtige Behandlung zugänglich zu machen.»

 

Auf Partnersuche

Um dies zu verhindern, will die Regierung auf nationaler Ebene alle Hebel in Bewegung setzen. «Es braucht Koalitionen mit anderen betroffenen Kantonen», sagte Rathgeb. Er sei aber zuversichtlich, dafür gute Partner zu finden. Dazu verfügt die Regierung laut Rathgeb mit dem regional nicht mehr gewährleisteten Pflegezugang über «ein schlagkräftiges Argument».